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Plädoyer für eine andere Ernährung

07. Januar 2022
Thema:Nahrungsmittelsicherheit
Von:Arielle Sibony
Veganer*innen sehen unterernährt und blass aus, essen jeden Tag die gleichen langweiligen Körner wie Hühner und scheinen sich mehr um Tiere als um Menschen zu scheren. Und eigentlich sind sie lediglich einer dieser verrückten Hippie-Trends, die so schnell wieder verschwinden, wie sie gekommen sind.

„Werde Veganer, wenn nicht für deine Gesundheit, dann für den Planeten“. Das ist das neue Motto der veganen Welt, die viele gerne mal verspotten oder in Verruf bringen.

Wie auch immer wir diese nicht mehr ganz so neue Mode wahrnehmen, immer mehr Menschen nehmen sie an und haben sogar Spaß daran. Vielleicht steckt also etwas hinter dem Trend, und vielleicht ist dieses Etwas der auslösende Faktor für vieles andere. Und auch wenn man über die gesundheitliche Relevanz all dieser neuen „Ernährungstrends“, die in den letzten zehn Jahren aufgetaucht sind, immer streiten kann, so kann doch „die Umstellung auf eine pflanzliche Ernährung dazu beitragen, den Klimawandel zu bekämpfen“, wie UN-Experten sagten, und das könnte ein durchaus überzeugendes Argument dafür sein, sich vegan zu ernähren.

Versuchen wir zunächst einmal zu verstehen, wie eine pflanzliche Ernährung nicht nur für Menschen, sondern auch für den Planeten gut sein kann. Im Jahr 2006 stellten die Vereinten Nationen fest, dass die Viehwirtschaft zu den drei wichtigsten Verursachern der schwerwiegendsten Umweltprobleme auf allen Ebenen - von der lokalen bis zur globalen - gehört. Die Ergebnisse dieses Berichts legten nahe, dass sich die Politik vor allem auf die Bewältigung der Probleme der Bodendegradation, des Klimawandels und der Luftverschmutzung konzentrieren sollte. Auch die weltweite Wasserknappheit und Wasserverschmutzung sowie der Verlust der Artenvielfalt müssen dringend angegangen werden. Bereits im Jahr 2010 warnten sie, dass eine weltweite Umstellung auf eine vegane Ernährung unerlässlich ist, um die Welt vor Hunger, Energiearmut und den schlimmsten Auswirkungen des Klimawandels zu bewahren.

Die Frage ist also: Gehen Veganismus und Klimawandel wirklich Hand in Hand?

Erstens sind Kühe, Ziegen und Schafe die größten Verursacher von Emissionen, das ist eine Tatsache. Wie das? Sie produzierten in ihrem Verdauungssystem Methan, auch bekannt als „enterische Fermentation“, die auftritt, wenn sie rülpsen oder sonstige Ausscheidungen produzieren. Zweitens wird durch die Abholzung der Wälder für ihre Weiden Kohlendioxid freigesetzt, und diese Gase erwärmen den Planeten. Wären Kühe ein Land, so wären sie der drittgrößte Verursacher von Treibhausgasemissionen. Und ja, die Fütterung der Tiere, die Tötung, der Transport und die Herstellung des Fleisches verbrauchen eine enorme Menge an Energie, da bei der Schlachtung und dem Transport fossile Brennstoffe verbrannt werden.

Und was ist mit der Tierhaltung? Ist sie wirklich so schlecht für die Umwelt, wie wir behaupten?

Weltweit werden 26 Prozent der eisfreien Landfläche für Weidevieh genutzt. Die gesamte Tierhaltung beansprucht 83 Prozent der gesamten landwirtschaftlichen Nutzfläche, liefert aber weniger als 20 Prozent der verbrauchten Kalorien. Im Vereinigten Königreich beispielsweise werden schätzungsweise 85 Prozent der landwirtschaftlich genutzten Fläche nur für die Tierhaltung genutzt, was fast 50 Prozent der gesamten Landesfläche entspricht. Und in den USA werden 41 Prozent der gesamten Landmasse für die Tierhaltung genutzt, verglichen mit 4 Prozent, die für den Anbau von Pflanzen direkt für den Menschen verwendet werden, wobei die Hälfte aller landwirtschaftlichen Flächen in den USA speziell für die Rindfleischproduktion genutzt wird, obwohl Rindfleisch nur 3 Prozent der Kalorien in der Ernährung ausmacht.

Von der gesamten landwirtschaftlichen Nutzfläche in den USA werden 87 Prozent für die Aufzucht von Tieren zur Nahrungsmittelerzeugung genutzt. Das sind 45 Prozent der gesamten Landmasse in den USA. Etwa 260 Millionen Hektar Wald in den USA wurden bereits gerodet, um Ackerland für die Produktion von Futtermitteln für Tiere zu schaffen, die für die Lebensmittelproduktion gezüchtet werden. Nach Angaben von PETA ist die Fleischindustrie direkt für 85 Prozent der gesamten Bodenerosion in den USA verantwortlich.

PETA zeigt auch, dass Kühe 16 Pfund Pflanzen verzehren müssen, um sie in 1 Pfund Fleisch zu verwandeln. Die Aufzucht von Tieren zur Nahrungsgewinnung macht mehr als die Hälfte des gesamten Wasserverbrauchs in den USA aus. Es werden fast 9.500 Liter Wasser benötigt, um ein Pfund Fleisch zu produzieren, aber nur rund 110, um ein Pfund Weizen zu erzeugen. Für die Produktion eines einzigen Hamburgers wird so viel fossiler Brennstoff verbraucht, wie ein Kleinwagen braucht, um 40 Kilometer weit zu fahren. Und ein typischer Schweinemastbetrieb verursacht die gleiche Menge an Rohabfällen wie eine Stadt mit 12.000 Einwohnern.

Nachdem wir nun wissen, wie schädlich die Fleischproduktion für den Planeten ist, wollen wir uns ein paar Szenarien für die Zukunft ansehen:

Bis 2050 könnte sich die Weltbevölkerung auf 10 Milliarden Menschen zubewegen - und es würden rund 60 Prozent mehr Lebensmittel benötigt, um alle zu ernähren. Die Umweltauswirkungen der Nahrungsmittelproduktion sind erschreckend. Sie ist für etwa ein Viertel aller Treibhausgasemissionen verantwortlich, verbraucht etwa 70 Prozent aller Süßwasserressourcen und nimmt etwa 40 Prozent der Landfläche der Erde ein. Nach Angaben von Forschern der Oxford Martin School könnte eine fleischlose Ernährung die Treibhausgasemissionen um 63 Prozent und eine rein vegane Ernährung um 70 Prozent senken. Und dem American Journal of Clinical Nutrition zufolge benötigt die Ernährung eines Fleischessers 17 Mal mehr Land, 14 Mal mehr Wasser und 10 Mal mehr Energie als die eines Vegetariers.

Was würde also konkret passieren, wenn die Welt vegan werden würde?

Zunächst würde sich die Produktion ändern, um der Marktnachfrage gerecht zu werden. Landwirte würden ihre Produktion anpassen und mit dem Anbau von Gemüse oder Getreide beginnen.

Dr. Walt Willett, Medizinprofessor an der Harvard-Universität, sagt, dass wir die schlimmsten Fälle von Welthunger heute mit etwa 40 Millionen Tonnen Lebensmitteln beseitigen könnten - doch 760 Millionen werden jedes Jahr an Tiere in landwirtschaftlichen Betrieben verfüttert.

Darüber hinaus haben Forscher der Universität Oxford umfangreiche Daten der UN-Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation durchforstet und errechnet, dass die Emissionen um 44 Prozent sinken würden, wenn sich alle Menschen vegetarisch ernähren würden, d. h. Eier und Milchprodukte, aber kein Fleisch konsumieren würden, und dass die Emissionen um 55 Prozent sinken würden, wenn alle Menschen vegan leben würden.

Natürlich mag die bloße Vorstellung, nie wieder ein gutes Steak oder französischen Käse zu essen, für die meisten Menschen wahnsinnig erscheinen. Aber warum sollten wir nicht unsere Art und Weise, in der Welt zu leben, überdenken? Sobald wir wissen, dass wir etwas bewirken können, indem wir jede Woche mindestens einen fleischfreien Tag einlegen, warum dann nicht zum Beispiel den fleischfreien Montag einführen? Diese einfache Idee wurde 2009 von Paul, Mary und Stella McCartney ins Leben gerufen und erfreut sich seither wachsender Beliebtheit. Es ist ein kleiner Schritt für den Menschen, aber es könnte ein großer Schritt für den Planeten sein.

Artikel geschrieben von:
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Arielle Sibony
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